
Die Comedian Harmonists sind legendär, ihre Lieder selbst nach 80 Jahren auf der Bühne noch Erfolgsgaranten. Jeder kennt sie und ihren unvergleichlichen Sound. Nach dem Vorbild der amerikanischen „The Revelers“ entstanden, entwickelten die „Comedian Harmonists“, begleitet nur von einem Piano und die Stimmen instrumental einsetzend, einen neuen, unverwechselbaren Stil und eroberten singend die Herzen der Menschen und die Welt. Wären sie nicht getrennt worden, wären sie heute noch bekannter als die Beatles, hatte der 1998 als letzter der sechs gestorbene Roman Cycowski zu behaupten gewagt – und er hätte vermutlich recht behalten!
Neunerplatz: Die Charme-Offensive der Comedian Harmonists
Als die zukünftigen Comedian Harmonists zum ersten Mal zusammen singen, ist von Harmonie nicht viel zu spüren: der Bass zu laut, der Tenor zu schnell, der Bariton zu nuschelig. „Ob das heute Abend noch was wird?“ fragt sich da auch der Zuschauer im Würzburger Theater am Neunerplatz, das die Geschichte von Aufstieg und Fall des legendären A-cappella-Sextetts als Musical auf der neuen Freilichtbühne zeigt.
Steinig ist der Weg zum Ruhm – und gepflastert mit zahllosen Probenstunden. Den Schauspielern mag es da kaum anders ergangen sein als den echten Comedian Harmonists. Aber das monatelange Üben hat sich gelohnt. Zumindest der Ruhm eines Würzburger Theatersommers dürfte dem Ensemble sicher sein.
Per Zeitungsannonce lernen sich Harry Frommermann (Hermann Drexler) und Robert Biberti (Markus Fäth) kennen. Als sie zusammen vor dem Grammofon sitzen und die Revelers hören, ist das der Beginn eines gemeinsamen Traumes: ein Gesangsensemble, das die Welt erobern soll. Biberti schleppt noch drei Sänger und einen Pianisten an (Thomas Langheinrich, Wolfram Bieber, Jörg Ewert und Michael Styppa), und es kann losgehen. Mit knurrendem Magen und leerem Geldbeutel proben sie tage- und nächteweise – mit mäßigem Erfolg.
Als dann auch noch der Rausschmiss aus der als Proberaum dienenden Wohnung droht, lässt sich das nur durch eine Charme-Offensive verhindern: „Gib mir den letzten Abschiedskuss, weil ich dich heut‘ verlassen muss.“ Diese Schmachtnummer betört nicht nur die Vermieterin. Auch das Publikum schwebt nun dahin in einer Wolke aus herrlich duftender Nostalgie. Ein unwiderstehlicher Tenor, ein brummender Bass, intelligente Texte und mit Blödelei gepaarte Sentimentalität – das funktioniert heute noch ebenso wie vor 90 Jahren. Und dass die erfolgreichste Boygroup der Weimarer Republik live erst so richtig reingehauen haben muss, kann man sich nur zu gut vorstellen.
„Veronika, der Lenz ist da“, „Wochenend und Sonnenschein“ – der Abend hat nun Fahrt aufgenommen, und für die Sänger geht es steil bergauf mit Plattenaufnahmen, Ruhm und dem großen Geld. Im Musical ist der Karrierehöhepunkt gleichzeitig der Wendepunkt in der Geschichte über Freundschaft und Erfolg: Kurz vor dem Auftritt in der Berliner Philharmonie kommt die Nachricht von der Machtergreifung Hitlers. Nach nur sieben Jahren reißt die Nazidiktatur die Comedian Harmonists, die zur Hälfte jüdischer Herkunft sind, auseinander.
Die Neunerplatz-Crew begeistert mit einer musikalischen Bestleistung unter der Leitung von Michael Styppa bei einem nicht enden wollenden Repertoire und einer liebevollen Inszenierung (Erhard Drexler). Stehender Applaus unterm Sternenhimmel.